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Ethik-Konferenz, Street Philosophy und das Café Luitpold

MEISER’S MORE
DAS GUTE DENKEN

Ethikkonferenz
Dr. Hans Christian Meiser, Kolumnist bei Exklusiv München, ist Philosoph, Psychologe und Publizist. Denken und Sport sind seine Leidenschaft.

Es ist ein ganz besonderes Phänomen: An vielen Orten der Welt ist zu beobachten, dass das Interesse an Philosophie, an klaren und aufrichtigen Gedanken, rasend schnell zunimmt. Das mag daran liegen, dass Fake News und einige irrlichternde Staatsoberhäupter die Welt zu einem Ort machen, auf dessen Sicherheitslage bezogen das Wort „Klimawandel“ eine ganz andere Bedeutung bekommt, oder auch daran, dass die Heilsversprechen derjenigen Institutionen, deren Hauptaufgabe eigentliche die geistige und seelische Orientierung sein sollte, sich nicht so recht zu erfüllen scheinen.

Das Publikum hat deshalb kurzerhand beschlossen, selbst aktiv zu werden – und so fand zum Beispiel in München gerade die Ethik-Konferenz ‚Beyond Good‘ im Literaturhaus und im Café Luitpold statt, dessen Inhaber, Dr. Stephan Meier nicht nur Konditor und Bäckermeister ist, sondern zusätzlich noch Philosophie studiert. In Kooperation mit der Vereinigung Street Philosophy hat er nun also jene Konferenz ins Leben gerufen, die auch nächstes Jahr darum bemüht sein wird, Impulse zu setzen, damit aus verschiedenen Meinungen Geisteshaltungen werden, an denen sich der verunsicherte Bürger orientieren kann.

ZU VIELE KÖPFE VERDERBEN DEN DENKBREI

Was ging bei dieser Konferenz vor sich? Im fast bis auf den letzten Platz gefüllten Literaturhaus hielten verschiedene Philosophen, Soziologen, Autoren, Medienwissenschaftler und Journalisten jeweils 20minütige Impulsvorträge. Nach den einleitenden Worten des Schirmherrns, S.K.H. Ludwig Prinz von Bayern, trug dann Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin seine Gedanken zu der Frage vor, ob es legitim sei, Grenzen zu ziehen. Ihm folgte Juliane Leopold, die mit Dr. Alexandra Borchardt über Wahrheit und Lüge in den Medien diskutierte. Prof. Birger P. Priddat entfaltete Gedanken zu einer Sittenlehre der digitalen Welt.

Einer der Ethik Konferenz Referenten: Autor Axel Hacke
Einer der Ethik-Konferenz-Referenten: Autor Axel Hacke

Prof. Dr. Richard David Precht sprach über moderne Tier-Ethik, Dr. Nadja Tschirner gab Anstöße für mehr Chancengleichheit. Axel Hacke las das heitere Vorwort seines Buches über den Anstand, Prof. Dr. Armin Nassehi unterhielt das Publikum gekonnt mit seinen Gedanken zur Ethisierung von Konflikten und Prof. Patrizia Nanz bot Einsichten in die Krise der Demokratie. Nach viereinhalb Stunden philosophischer Dauerberieselung wanderte man dann ins Café Luitpold, wo man das Vernommene bei Fingerfood und Wein weiter diskutierte.

KONFERENZ IST NICHT GLEICH KONFERENZ

Das ist doch immerhin etwas, möchte man fast sagen. Und so ist es auch. Aber der Autor dieser Zeilen hat durchaus einen kritischen Blick auf das Geschehen. Deshalb seien hier einige wohlwollende Ansichten mitgeteilt: Eine Konferenz abzuhalten, bei der acht verschiedene Denker in Kurzform ihre Ansichten zu irgendeinem Thema vorstellen, macht nur dann Sinn, wenn es

1) einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen den Themen gibt;
2) genügend Zeit vorhanden ist, dass das Publikum die Gedanken auch „verdauen“ kann;
3) ein roter Faden erkennbar ist, denn sonst hat man schnell den Eindruck, das Ganze würde eher der Selbstdarstellung der Referenten dienen als der Aufklärung der Anwesenden;
4) genau diesen die Möglichkeit gegeben wird, mit zu diskutieren, Fragen zu stellen, sich zu äußern, sich Gehör zu verschaffen; und
5) am Ende bei einer Podiumsdiskussion die Ergebnisse für jeden verständlich zusammengefasst werden, damit man die Veranstaltung mit Gewinn verlassen kann und sich nicht fragt, was man eigentlich für seine € 197.- jetzt bekommen hat (in diesem Preis war auch noch die Teilnahme an den zwei Tagen später stattfindenden Master Classes enthalten, bei der weitere Themen im kleinen Kreis diskutiert wurden).

Nach der Ethik Konferenz ging es ins Cafe Luitpold.
Zwei Ethik-Konferenz-Locations: Nach dem Literaturhaus ging es in den Palmengarten des Cafe Luitpold.

Kurzum: Eine solche Veranstaltung abzuhalten, ist sinnvoll und vor allem in diesen Zeiten auch gerechtfertigt. Nur sollte sie auch das erfüllen, was sie ankündigt. Von Konferenz konnte hier keine Rede sein und auch die Ethik war zwar das verbindende Motto, kam aber nur selten zum Tragen. Noch nicht einmal eine Definition dessen, worum es eigentlich gehen sollte, wurde vorgestellt.

DIE LIEBE ZUR WEISHEIT UND ZUR WAHRHEIT

Philosophie, die nicht im Elfenbeinturm stattfindet, ist gerade in unserer Zeit unersetzlich. Aber sie sollte auch so vorgetragen werden, dass man versteht, warum sie die Königin der Wissenschaften ist, und weshalb sie übersetzt „Liebe zur Weisheit“ bedeutet.

Bei der Ethik-Konferenz wurde des Guten zwar gedacht, doch durch den Zeitdruck, die zu große Zahl der Referenten, den fehlenden roten Faden und das Ausbleiben eines Resümees blieb wenig hängen außer dem Gefühl, dass (Nach)denken gar nicht so schlecht sein muss. Insofern hat sich der Besuch der Veranstaltung gelohnt. Da das Ganze aber am 18. November 2018 an selber Stelle seine Fortsetzung erfährt, wäre es schön, wenn die Veranstalter sich darauf besinnen würden, dass das, was außen draufsteht, auch innen drin sein sollte. Sonst ist man nämlich schnell bei einer Mogelpackung angekommen – allen guten Vorsätzen zum Trotz. Das Publikum wird’s danken …

Welches sind IHRE Ideen zu einer globalen Ethik?

Schreiben Sie uns und senden Sie uns also bitte Ihre Meinung an: meisersmore@exklusiv-muenchen.de

Ihr Dr. Hans Christian Meiser

Demnächst wird auch die Konferenz über Streaming auf der Beyond Good Seite zu sehen sein!

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