Was wir heute als Intervallfasten bezeichnen, waren vor ca. 100 Jahren noch die üblichen Ernährungsgewohnheiten. Was tatsächlich neu ist, sind zahlreiche spannende Erkenntnisse über die positiven Effekte der verschiedenen Fasten-Methoden. Diese wurden beim diesjährigen internationalen Fasten-Kongress in Berlin
„Fasten – zwischen Therapie, Diät und Digitaler Gesundheit“
… von führenden Experten vorgestellt und diskutiert. Gerade die gesundheitlich positiven Aspekte des Fastens sind in den letzten Jahren intensiv erforscht worden – mit beeindruckenden Ergebnissen. Viele davon können darauf zurückgeführt werden, dass bei einem Nahrungsverzicht oder Verzicht auf Kohlenhydrate vermehrt Ketonkörper produziert werden.
Diese sogenannte „ketogene Stoffwechsellage“ (kurz: Ketose) fördert nicht nur den Fettabbau und senkt Blutzucker- und Blutfettspiegel, sondern es konnten dadurch sogar konkrete positive Auswirkungen in der Therapie von Krankheiten wie Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer und onkologischen Erkrankungen nachgewiesen werden. Menschen, die an Diabetes mellitus Typ II erkrankt sind, profitieren z. T. sogar so von einer Fastenkur, dass sie anschließend kein Insulin mehr benötigen.
Basen sorgen für den maximalen Stoffwechseleffekt
Hinweis: Wer an einer chronischen Erkrankung leidet, sollte eine geplante Fastenkur zuvor mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten besprechen.
Sechs Fragen an den Experten Prof. Dr. Jürgen Vormann
Leitung IPEV Institut für Prävention und Ernährung
Woran merkt man, dass der Körper übersäuert?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚Wir sprechen hier von einer latenten Übersäuerung, nicht von der akuten, die einen echten Notfall darstellt. Die latente oder auch chronische Form zeigt sich durch ganz unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Muskel und Gelenkbeschwerden. In Studien konnte gezeigt werden, dass das Schmerzempfinden ausgeprägter ist, wenn der Körper übersäuert ist. Beim Fasten kann es sein, dass es zu keiner Gewichtsabnahme kommt, obwohl kaum Kalorien zugeführt werden. Das kann auch daran liegen, dass der Stoffwechsel infolge einer Übersäuerung nicht gut arbeiten kann. Messungen des Säure-Basen-Haushalts sind zwar möglich, aber sehr aufwendig, weil dafür wiederholte Messungen mindestens über einen ganzen Tag hinweg notwendig sind.
Kann aus einer latenten Übersäuerung auch eine akute werden? Und woran erkennt man das?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚Bei gesunden Menschen besteht diese Gefahr bei den gängigen Fastenformen praktisch nicht. Gängig heißt, dass nicht über längere Phasen wirklich gehungert oder exzessiv Sport getrieben wird. Anders ist es bei Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen oder gastrointestinalen Erkrankungen. Unter anderem deshalb sollten diese sich ja bei einer Fastenkur ärztlich begleiten lassen. Anzeichen für eine akute Übersäuerung sind eine beschleunigte Atmung bis zur Hyperventilation, vermehrtes Wasserlassen, Kopfschmerzen und ein bestimmter Mundgeruch. Aber wie gesagt: Bei gesunden Menschen ist damit nicht zu rechnen.
Ist eine latente Übersäuerung schädlich oder sogar gefährlich?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚An sich ist eine latente Übersäuerung nicht gefährlich. Unser Körper kennt verschiedene Puffer-Mechanismen, um dafür zu sorgen, dass der pH-Wert in allen Organen innerhalb einer Normrange bleibt, sodass ihre Funktion gewährleistet ist. Bei der chronischen Übersäuerung liegt der pH-Wert über längere Zeit immer an der Normgrenze zum Sauren und die Mechanismen werden permanent angestrengt. Und das ist auf Dauer nicht gesund. Beispielsweise werden dann basische Mineralstoffe aus den Knochen mobilisiert, um die Säuren zu neutralisieren – auf Kosten der Knochenstabilität.
Was kann man tun, um das Säure-Basen-Gleichgewicht beim Fasten aufrecht zu erhalten?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚Ich empfehle allen, die fasten, täglich parallel ein Basensupplement einzunehmen. Wichtig ist, dass man ein qualitativ hochwertiges Produkt wählt, dessen Inhaltsstoffe in Form organischer Verbindungen vorliegen, die unser Organismus gut verwerten kann. Das sind zum Beispiel Citrate. Wer sich unsicher ist, sollte sich in der Apotheke beraten lassen, auch hinsichtlich der Dosierung.
Wem raten Sie beim Fasten ein Basensupplement einzunehmen?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚Bei Fastenmethoden, bei denen man nicht gänzlich auf Nahrung verzichtet, wie z. B. dem Intervallfasten, kann man natürlich darauf achten, dass man überwiegend basische Lebensmittel zu sich nimmt. Aber selbst das halte ich für nicht ausreichend. Daher rate ich auch hier zur Supplementierung. Jeder Organismus ist anders, und die körpereigene Säureproduktion hängt von vielen Faktoren ab. Neben der Ernährung tragen z. B. Stress, Schlafmangel, Medikamente, Nikotin- und Alkoholkonsum dazu bei.
Gibt es Ausnahmen, bei denen Sie von einer Supplementierung abraten?
Prof. Dr. Jürgen Vormann: ‚Nein. Es gibt Situationen, in denen Fasten nicht ratsam ist, oder zumindest ärztlich und ernährungswissenschaftlich begleitet werden sollte. Bei bestimmten Erkrankungen und in der Schwangerschaft oder Stillzeit beispielsweise. Aber wer fastet, braucht immer auch eine ausreichende Basenzufuhr. Und die gelingt meines Erachtens nur durch Supplementierung.‘